Eschborn soll eine Open-Data-Kommune werden! Das hat die Stadtverordnetenversammlung am 7. Oktober einstimmig – ohne Aussprache – beschlossen. Initiiert wurde der Antrag von der Koalition aus CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FWE.
Was ist Open Data?
Open Data ist der englischsprachige Fachbegriff für „Offene Daten“. Dahinter verbirgt sich der Ansatz, vorhandene Daten in einem maschinenlesbaren, offenen Format zur freien Nutzung (kostenlos) an jede interessierte Nutzerin, jeden interessierten Nutzer abzugeben. Open Data ist folglich ein Projekt, das der Transparenz dient. Typische offene Daten sind beispielsweise statistische Angaben – etwa zur Einwohner- oder Arbeitslosenentwicklung in einer Kommune –, so genannte georeferenzierte Daten – sprich: bspw. alle Briefkasten-Standorte in einem Stadtgebiet werden mit X- und Y-Koordinaten gesammelt zur Verfügung gestellt –, oder auch Live-Daten, etwa zur Auslastung von öffentlichen Parkplätze/Parkhäuser.
Diese Daten können private, aber auch kommerzielle Projekte nutzen. Mit den angesprochenen statistischen Daten der Einwohnerentwicklung könnte ein Privatprojekt beispielsweise Entwicklungen der letzten zehn Jahre als 3D-Diagramm darstellen. Mit den Standorten der Briefkästen könnte jemand eine App entwickeln und zeigen, wo man im Stadtgebiet den nächsten Briefkasten findet. Und die Live-Daten zur Auslastung von öffentlichen Parkplätze/Parkhäuser sind ideal, um sie in ein Navigationssystem zu implementieren, damit man so schnell wie möglich den nächstgelegenen freien Parkplatz findet, ohne lange erst auf die Suche gehen zu müssen (was sonst Zeit und in die Luft geblasene Abgabe kosten kann). Das freie Projekt OpenStreetMap arbeitet z. B. auch sehr gerne mit offenen Daten von Kommunen.
Wie ich vorgegangen bin
Diese grundsätzlichen Worte vorangestellt, habe ich mir zunächst die Frage gestellt, ob die Stadt Eschborn auf diesem Feld bereits etwas macht.
Ich bin auf den „Votemanager“ des kommunalen Rechenzentrums „ekom21“ gestoßen, der einzelne Wahlergebnisse auch als offene Daten zum Download anbietet. Ich bin auf der Website der Stadt Eschborn auf verschiedene statistische Daten gestoßen, die von der Wirtschaftsförderung aufbereitet werden – etwa zum Arbeitsmarkt und zur Kaufkraft. Auf der Website finden sich z. B. auch die Standorte städtischer Spielplätze oder Tischtennisanlagen. Außerdem läuft momentan ein Pilot-Projekt, in dessen Rahmen die Stadt Eschborn mit Partnern die drei P+R-Parkplätze an den S-Bahnhöfen mit Sensoren ausgestattet hat und die aktuelle Parkbelegung in einer App (Android / iOS) dargestellt wird.
Während auf dem „Votemanager“ tatsächliche offene Daten angeboten werden – wenn auch in einem nur sehr eingeschränkten Rahmen –, stehen die auf der städtischen Website veröffentlichten Angaben und die Parkplatzbelegungen nicht als offene Daten (also auch in keinem maschinenlesbaren, offenen Format) zur Verfügung.
Folglich gibt es in der Stadt Eschborn einen Bedarf. Für meine – zu diesem Zeitpunkt noch sehr vage, grundsätzliche – Idee habe ich innerhalb meiner Partei geworben. Die CDU hat die Idee eines Open-Data-Portals in ihr Kommunalwahlprogramm 2021 mit 1-2 weiteren Gedanken aufgenommen:
Durch die Etablierung eines „Eschborn-Dashboards“ wollen wir einerseits den Bürgerinnen und Bürgern Geo-Daten wie Wetter-, Umwelt und Verkehrsdaten in Echtzeit zugänglich machen und andererseits durch die Bereitstellung dieser Informationen als „Open Data“ das Serviceangebot digitaler Anbieter für Eschborn verbessern.
Wahlprogramm der CDU Eschborn, Kapitel Digitalisierung, 2021
Nachdem wir stärkste Kraft bei der Wahl wurden und eine Koalition mit GRÜNEN und FWE verhandelt haben, sind wir bei diesen Ideen in den Verhandlungen auf viel Wohlwollen unserer neuen politischen Partner gestoßen – folglich hat die Idee auch ihren Weg in den Koalitionsvertrag gefunden:
Zum einen wollen wir die digitalen Informationskanäle besser nutzen: Dazu wollen wir ein Eschborn-Dashboard etablieren, das sukzessive ausgebaut werden soll. Hier könnten Eschborn-spezifische Daten, wie zum Beispiel aktuelle Veranstaltungsdaten, Wetter-, Verkehrs- und weitere Geodaten, abgebildet werden. Allgemeindaten sollen zudem als Open Data aufbereitet werden.
Koalitionsvertrag von CDU, GRÜNEN und FWE für die Wahlperiode 2021-2026
Im Juli habe ich damit begonnen, eine Open-Data-Rahmenkonzeption zu schreiben. Ich wollte nicht bloß einen normalen Antrag verfassen, sondern ausführlich erläutern, was Open Data ist, und der Verwaltung für die spätere Umsetzung einige Anregungen und Ideen an die Hand geben, wie sie vorgehen könnte, damit sie nicht bei Adam und Eva anfangen muss. Entstanden ist eine 18-seitige Rahmenkonzeption, die als Anhang auch Bestandteil des Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung wurde (Download siehe Ende des Artikels).
Der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung umfasst (u. a.) folgende Aspekte:
- Die Stadt Eschborn soll zukünftig offene Daten auf einem neuen Portal (einer Internetseite) zur Verfügung stellen.
- Dabei hat sich die Stadt Eschborn an der „Offen-Definition“ der Open Knowledge Foundation zu orientieren. Dieser weltweite Standard definiert, was unter offenen Daten zu verstehen ist – etwa dass offene Daten in einem offenen, maschinenlesbaren Format, kostenlos und diskriminierungsfrei zur Verfügung gestellt werden.
- Außerdem ist für die Bereitstellung der offenen Daten eine oder mehrere von der Open Knowledge Foundation zertifizierte Lizenz auszuwählen. Empfohlen wird die „Datenlizenz Deutschland Namensnennung“ (dl-de/by-2-0), entwickelt u. a. von der Bundesregierung gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden. Diese besagt, dass die Daten der Stadt Eschborn zwar kostenlos genutzt werden können, aber stets die Stadt Eschborn als Quelle anzugeben ist. Die Stadtverwaltung kann allerdings auch andere zertifizierte Lizenzen auswählen.
- Es ist eine Prioritätenlisten (Meilensteine) zu entwickeln. Dies basiert auf dem Gedanken, dass die Bereitstellung von offenen Daten ein dauerhafter, aufeinander aufbauender Prozess sein wird. Mit dem Start des Open-Data-Portals wird die Stadt Eschborn vermutlich erst wenige Daten veröffentlichen und das Portal nach und nach mit immer neuen offenen Daten füllen.
- Selbstverständlich ist bei allen offenen Daten der Datenschutz zu beachten.
- Ergänzend zum eigentlichen Open-Data-Portal, auf dem zukünftig offene Daten zur Verfügung gestellt werden sollen, wollen wir ein eigenständiges „Eschborn-Dashboard“ entwickeln. Das ist ein One-Pager, sprich: eine einzelne Webseite, auf der komprimiert interessante Live-Daten aus der Stadt Eschborn dargestellt werden sollen – beispielsweise das Wetter oder die Auslastung unseres „Wiesenbades“, dem kommunalen Schwimmbad. Während sich das Open-Data-Portal eher an ein (obgleich auch breites) Fachpublikum richtet, ist das „Eschborn-Dashboard“ künftig Anlaufstelle für alle interessierten Bürgerinnen und Bürger, die auf einem Blick wissenswerte Infos über ihre Stadt finden sollen.
(Link zum Antrag, an dem es nur noch zwei Wortstreichungen gab – Beschlusstext wird nachgeliefert)
Bevor die Stadt Eschborn mit dem Open-Data-Portal an den Start geht, ist der Stadtverordnetenversammlung ein Konzept/eine Strategie samt Kostendarstellung vorzulegen. Realistisch rechne ich mit der Umsetzung für das Jahr 2023.
Wie die Diskussionen in der Kommunalpolitik verlaufen sind
Wie bereits erwähnt, geht die Idee zwar auf mich/uns als CDU-Fraktion zurück, doch Open Data ist letztendlich ein gemeinsames Projekt der Koalition. Aus den Reihen der GRÜNEN und der FWE kamen konstruktive Vorschläge, wie der Beschlussantrag noch verbessert werden könnte. Das umfasste bspw. die Ergänzung von Erklärungen, damit Laien beim Lesen des Antrages das Thema Open Data verständlicher gemacht wird, aber auch bspw. die Punkte Datenschutz und Datensicherheit. Am Ende handelte es sich folglich um ein Gesamtkunstwerk der gesamten Koalition.
In den Fachausschüssen gab es viel Wohlwollen für den Antrag, allerdings auch ein paar Fragen. Es wurde etwa gefragt, ob die Stadt Eschborn überhaupt ein eigenes Konzept erstellen müsste, oder ob man sich nicht bspw. am Main-Taunus-Kreis als unseren Landkreis orientieren könnte, der auf MTK.org einzelne offene Daten bereitstellt. Die Antwort ist: Wir brauchen letztendlich ein eigenes Konzept, weil wir als Stadt in vielen Kategorien ganz andere Daten erheben als ein Landkreis, aufgrund unterschiedlicher Zuständigkeiten. Aber noch einschlägiger ist: Jede Verwaltung hat ganz andere Arbeitsprozesse. Unsere Verwaltung muss selbst definieren, wie sie Prozesse entwickeln kann, um Informationen als offene Daten der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Gleichwohl gibt es aus vielen kleineren und größeren Kommunen (mir gefallen vor allem die Open-Data-Portale aus Bonn, Frankfurt am Main und Köln) positive Beispiele und auch bereits existierende Web-Lösungen, an denen man sich orientieren könnte.
Ferner wurde gefragt, ob die Entwicklung einer städtischen Open-Data-Strategie die Verpflichtung der Stadt torpedieren könnte, im Rahmen des Onlinezugangsgesetzes (OZG) bis Ende 2022 alle Verwaltungsleistungen auch online bereitzustellen. Hier hat der Bürgermeister grundsätzlich kein Konflikt-Potential gesehen, aber auch klargestellt, dass im Zweifel das OZG Vorrang hat.
Mit einer klitzekleinen Anpassung auf Anregung der SPD-Fraktion wurde der Antrag schlussendlich am 7. Oktober – wie eingangs erwähnt – einstimmig beschlossen.
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