Warum mit AKK und Ziemiak etwas Großes entstehen kann

Wir sind alle enttäuscht. Alle, die Friedrich Merz oder Jens Spahn für seine Wahl in Hamburg die Daumen gedrückt haben, hätten sich ein anderes Ergebnis gewünscht – und ich zähle trotz anfänglicher Unentschlossenheit dazu. Trotzdem: Annegret Kramp-Karrenbauer ist die Siegerin, sie ist unsere neue Vorsitzende und sie hat eine Chance verdient. Wenn es ihr gelingt, die verschiedenen Strömungen einzubinden, eigene Akzente zu setzen und nicht bloß den bisherigen Kurs der CDU Deutschlands fortzusetzen – ja, dann kann die Ära „AKK“ in der CDU sogar eine sehr erfolgreiche sein. Ich bin dazu jedenfalls bereit.

Annegret Kramp-Karrenbauer im September auf dem CDU-Landesparteitag in Hessen.

Es war ein Zeichen der Größe, dass Friedrich Merz direkt nach seiner Niederlage seine Anhänger dazu aufrief, AKK zu folgen. Und es ist ein Zeichen der Größe, dass Kramp-Karrenbauer am Folgetag Paul Ziemiak zu ihrem Generalsekretär gemacht hat.

Jemand, der anpacken und Veränderung will

Paul ist seit 2014 Vorsitzender der Jungen Union Deutschlands, 33 Jahre jung, ein junger Familienvater und Außenpolitiker im Deutschen Bundestag. Er ist noch nicht allzu lange Berufspolitiker, aber hat bereits große Erfahrungen: als JU-Bundesvorsitzender, vorher Chef der nordrhein-westfälischen JU, im JU-Bezirksverband oder bei sich in der Heimat, in Iserlohn, dessen CDU-Stadtverband er bislang führen durfte. Zur Politik kam der ursprünglich aus Polen stammende Paul Ziemiak durch ein Problem in seiner Heimatstadt: Er wollte anpacken, gestalten, Veränderung. Paul ist ein rhetorisches Talent. Seine Positionen passen zum konservativen Flügel der CDU.

Mit Paul Ziemiak hat sich AKK jemanden an ihre Seite geholt, der neu und frisch denkt.

Mit Paul Ziemiak hat sich AKK jemanden in ihr engstes Team geholt, der in manchen Fragen nicht ihrer Meinung ist. Das ist ein wichtiges Signal an all jene, die in Hamburg für Friedrich Merz stimmten. Mit Paul Ziemiak hat sich AKK aber auch jemanden an ihre Seite geholt, der neu und frisch denkt, der für Aufbruch steht und dem es gelingen kann, neue Formate zu entwickeln, um die Parteimitglieder besser einzubinden. An vielen Punkten denkt die CDU zu anachronistisch. Zahlreiche Formate sprechen junge Menschen nicht an und sind auch wenig hilfreich, um Frauen für die CDU zu gewinnen – gerade von jungen weiblichen Mitgliedern haben wir aber viel zu wenige. Es wird eine wichtige Aufgabe von Paul werden, an dieser Stelle anzusetzen. Das ist nichts, was von heute auf morgen geht, aber er muss diesen Prozess bald anstoßen.

Stärkere Einbindung aller Mitglieder

Die letzten Wochen, mit den Regionalkonferenzen, haben die CDU belebt. Wir brauchen auch weiterhin diese offene Diskussionskultur, die enge Einbindung der Basis. Es muss daher auch Aufgabe von Kramp-Karrenbauer und Ziemiak sein, die Mitglieder stärker in Entscheidungen einzubinden, ihnen vielleicht auch das letzte Wort bei Personal- oder wichtigen Sachentscheidungen zu geben. Wo das mit dem Statut noch nicht vereinbar ist, ist hoffentlich von beiden zum nächsten Parteitag eine Änderung zu erwarten. Natürlich gibt man damit Macht ab – aber was auf dem ersten Blick eine Schwäche sein könnte, wird auf dem zweiten Blick eine Stärke. Ich hoffe, dass dies beide erkennen.

Karrieresprung: Paul Ziemiak MdB, bislang Bundesvorsitzender der Jungen Union Deutschlands, ist seit dem 8. Dezember 2018 Generalsekretär der CDU. Er wird die Aufgabe haben, die Partei zu modernisieren und das konservative Spektrum anzusprechen.

Paul wird als Generalsekretär, der jüngste in der CDU-Geschichte, ein anderer Generalsekretär sein als alle, die dies vorher waren. Das hängt vor allem damit zusammen, dass Kramp-Karrenbauer weder ein Mandat (Bundestag, Landtag), noch ein Regierungsamt hat. Kramp-Karrenbauer kann sich zu 100 Prozent auf die Partei konzentrieren. Das kann für Paul Ziemiak den Nachteil haben, dass er in vielen Dingen auf administrative bzw. organisatorische Belange reduziert wird – und AKK Aufgaben wahrnimmt, die in der Vergangenheit der CDU-Generalsekretär übernommen hat.

Aber gerade wenn man Paul auch als jemanden versteht, der eine inhaltliche Tiefe mitbringt, und der für ein Spektrum der CDU steht, das AKK nicht abdecken kann, wäre die neue Parteivorsitzende auch gut beraten, Paul Ziemiak in einigen Themen den Ball zuzuspielen und ihn glänzen zu lassen. Wie ich Kramp-Karrenbauer kennengelernt habe, traue ich ihr zu, das zu erkennen. Möglicherweise wird AKK Paul Ziemiak auch als ihr Sprachrohr im Deutschen Bundestag einsetzen. Paul wird hoffentlich an dieser Stelle darauf achten, trotz aller Loyalität seiner Vorsitzenden gegenüber, sein eigenes Profil zu erhalten. Merkel hat in den letzten Monaten jedenfalls Kramp-Karrenbauer jede Freiheiten gelassen – ich wünsche mir, dass Paul zumindest in einigen Bereichen ebenfalls seine Freiheiten erhält.

Wenn dies alles so eintrifft, kann aus der Enttäuschung über die Niederlagen von Merz und Spahn etwas ganz Großes werden. Dann wird es auch AKK gelingen, die AfD klein zu machen, die CDU zu stärken und zu alter Kraft zu führen, neue und vor allem weibliche Mitglieder zu gewinnen und den Trend der sinkenden Mitgliederzahlen umzukehren. Mit der Einbindung von Paul Ziemiak jedenfalls hat sie einen ersten richtigen und wichtigen Schritt gemacht.

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